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Wolfram Bormann

Aus meinem Leben

Mein Schulweg und die Angst

Mein Schulweg in einem bäuerlichen Dorf ging an Bauernhöfen vorbei. Der erste Hof hatte einen Schäferhund, der nicht immer an der Kette war und das Tor war oft offen. Der zweite Hof hatte freilaufende Gänse und das Tor war meistens offen. Die Gänse hatten immer das Bedürfnis, den Hof zu verteidigen. Da konnte ich mit meiner Schwester nur flüchten. Der dritte Hof hatte Truthühner, die waren groß, konnten keine roten Farben leiden und waren äußerst unangenehm. Wenn die auf die Straße konnten, da blieb uns auch nur die Flucht. Mein Schulweg war jeden Tag eine Herausforderung, die ich zu bewältigen hatte. Eines Tages, ich war noch im Grundschulalter, ist mir folgendes passiert. Kurz vor unserer Schule lief vor mir ein Mann mit einem Schäferhund an der Leine. Der Hund lief ruhig an seiner Seite, bis ich nah hinter ihm war. In dem Moment ging er kläffend auf mich los. Zum Glück konnte der Mann den Hund einen halben Meter vor meinem Gesicht zurückhalten. Seit diesem Erlebnis hatte ich Angst vor Hunden. In der Folge bemerkte ich, dass Hunde auf meine Angst reagierten. Ein Teufelskreis! Wie kann ich Vertrauen aufbauen zu Hunden, die beißen können? Ich kenne Menschen, die haben ein Leben lang Angst vor Hunden oder Angst vor allen möglichen Tieren. Das wollte ich unbedingt überwinden. Die Vorstellung, der Sklave meiner eigenen Angst zu sein, fand ich einfach sehr lebensfeindlich, das ging gar nicht. Es hat 20 Jahre gedauert, bis ich sagen konnte, jetzt ist alles wieder in Ordnung. Es war ein stetiger Übungsweg. Das Wissen, es liegt nur an mir und zu erleben, wie Hunde auf meine Gefühle reagierten, hat mir geholfen.